Geht nichts über die Beek!
Vorweg eine kleine Familienanekdote, um die Überschrift zu erklären. Mein Vater stammte aus einer jahrhunderte alten Bauernfamilie in Dithmarschen. Da das Geld ziemlich knapp war, fand er keine Arbeit auf dem Hof. Gerade mit Vierzehn wurde er Fleischerlehrling. Durch Fleiß und Können schaffte er es, Ende der dreißiger Jahre in der Nähe von Hamburg einen kleinen Betrieb aufzubauen. Seitdem galt er in der Familie als der „Städter“, der die Welt kennt. Im Gegensatz zu einem seiner Brüder, der bodenständig nie seine Heimat verlassen hatte. Um diesen Makel etwas abzubauen, haben meine Eltern, als bei ihnen nach dem Krieg ein gewisser Wohlstand eingekehrt war, meinen Onkel genau dreimal zu einer mehrtägigen Deutschlandreise mit dem Auto eingeladen. An den jeweils schönsten Stellen, so am Rhein, im Schwarzwald und in den Alpen, wurde er natürlich auf Plattdeutsch gefragt, wie ihm dieser Ausblick gefiele. Jedes Mal war seine Antwort „Dat mach ik gern lieden, over dat geit nix över de Masch.“ Nach der dritten Reise haben meine Eltern ihre Bemühungen aufgegeben. Aber „Geit nix över de Masch“ ist mir nie aus dem Kopf gegangen. Nun beziehe ich es auf die Beek und den Beek-Park.
Der Missisippi-Missouri in den USA, die Themse in England, die Seine in Frankreich, die Lena in Rußland und der Rhein in Deutschland gelten als die schönsten Flüsse in ihren Ländern. Was für alle Länder gilt, trifft allerdings nicht für Deutschland zu. Der schönste Fluss in Deutschland ist nicht der Rhein, sondern die Beek zumindest innerhalb von Tarup. Und noch eine Korrektur: Der Central-Park in New York, der Hyde-Park in London und der Bois de Boulogne in Paris gelten als die schönsten Stadtparks der Welt, aber nur, wenn man den Beek-Park von Flensburg-Tarup hinzunimmt, stimmt diese Aussage. Und erst recht stimmt sie, wenn man die neueste Attraktion berücksichtigt, nämlich die dortige Galloway-Herde. Denn auf der anderen Seite der Ringstraße Richtung Campus hat ein tüchtiger Landwirt die dortigen Wiesen für seine Galloways bewohnbar gemacht. Galloways sind geheimnisvolle Tiere wie aus einer versunkenen Zeit. Vielleicht macht das ihre Faszination aus. Kinder und Erwachsene genießen das uneingeschränkt. Ein faszinierter Knirps meinte: „Das ist genau wie bei Hagenbeck“. „Und kostet nichts“ fügte seine Mutter trocken hinzu. Recht haben beide.“
Allerdings gibt es auch hier – wie immer im Leben – auch eine tragische Komponente. Offensichtlich ist die ursprüngliche Herde zweigeteilt worden. Bei meinem letzten Besuch bestand die eine Hälfte aus traurigen Jungbullen, die klagende Laute ausstießen, um zu ihrer anderen Hälfte auf der anderen Seite des Weges zu gelangen. Sie sahen wie begossene Pudel, nicht wie Galloways. Ich fände es gut, diese Trennung aufzuheben, indem beide Hälften wieder zu einer (1) Herde vereint werden. Nicht nur Galloways leiden unter Trennungen.
1 Kommentar(e)
Hallo,
Auch wenn ich nicht immer alles kommentiere, so lese ich doch Deine Berichte unverändert mit großer Begeisterung und Zustimmung.
Der klare und detailverliebte Blick auf die Heimat, die eigene Umgebung mit all ihren schönen Seiten, in Verbindung mit Erinnerungen aus Erfahrungen eines langen Lebens, die diese positiven Bewertungen ja wahrscheinlich irgendwie geprägt haben, sind immer wieder beeindruckend zu lesen und in sich schlüssig. Gerade in diesen Zeiten, in denen wir oft auf vieles verzichten müssen, empfinde ich deine kritischen, aber immer positiven Beobachtungen als sehr angenehm und sie rücken die Bewertungen der Dinge um uns herum auf eine sehr bescheidene Art ins richtige Licht.
Mach weiter so !
Viele Grüße,
Hauke Frercks